Instagram Reels vs. TikTok
Blogger-Nähkästchen

Instagram Reels vs. TikTok – welches Video-Format lohnt sich für geisteswissenschaftliche Wissenschaftskommunikation?

Bei Instagram bekommt man keine Reichweite mehr ohne zu bezahlen! Bei TikTok tummeln sich ein Haufen 12-Jährige, von denen sich keiner für wissenschaftliche Inhalte interessiert! Vorurteile wie diese gibt es viele, aber ich wollte einfach mal selbst erfahren, ob da etwas dran ist. Und ich wollte wissen, ob es sich lohnt, kurze Video-Formate für soziale Medien zu entwickeln, um über die eigene Forschung zu sprechen. Um das herauszufinden, habe ich zwei soziale Netzwerke bzw. deren ultrakurze Videoformate, die gerade mächtig gehypt werden, gegeneinander antreten lassen: Instagram Reels vs. TikTok. Achtung Spoiler: Aus beiden Formaten lässt sich so Einiges für die Wissenschaftskommunikation herausholen!

Instagram Reels vs. TikTok: Das Experiment-Setting

Drei Wochen lang habe ich in unterschiedlichen Rhythmen 1-minütige Videos auf Instagram und TikTok geteilt. Bei Instagram bin ich schon lange angemeldet, nutze den Account aber nicht regelmäßig, bei TikTok war ich neu. Bei Instagram kann man inzwischen Fotos, Stories und Videos teilen, TikTok ist komplett Video-fokussiert. Um die Konkurrenten in diesem Wettkampf trotzdem einigermaßen vergleichbar zu halten, habe ich während des Experiments auf beiden Plattformen nur Videos geteilt und diese entweder über Twitter oder über Stories innerhalb von Instagram beworben. Insgesamt habe ich 20 Videos in vier Formaten vorbereitet, die ich in Phase 1 (5 Tage lang) täglich, in Phase 2 (10 Tage lang) alle zwei Tage und in Phase 3 (5 Tage lang) zweimal am Tag veröffentlicht habe.

Instagram: Wenn Reels, dann jetzt!

Wir kennen das schon: Es gibt ein neues soziales Medium, das überwiegend junge Menschen anzieht, Instagram mopst sich die Hauptfunkion und das Netzwerk verschwindet wieder. Snapchat lässt grüßen. Wir kennen es aber auch schon, dass Instagram der neuen Funktion irgendwann richtig Reichweite schenkt und dann – ist der Konkurrent einmal beiseite geschoben – wieder ordentlich Gas rausnimmt. Und, tja, was soll ich sagen, die Reichweite-Hightime für Reels scheint genau jetzt zu sein. Aber eines nach dem anderen.

Phase 1 – täglich posten

In der ersten Phase kam so richtiges Instagram-Feeling auf. Man testet eine neue Funktion, bekommt dadurch ordentlich Reichweite, versucht, mehr davon zu veröffentlichen, allerdings mit abnehmendem Erfolg. Während das erste Video an Tag 1 nämlich gleich 440 Mal angeschaut wurde, bekam das zweite nur noch 380, das dritte 176 Views und in dieser Woche ging es auch nicht mehr weiter hoch als bis 268 Views am ersten Tag. Was aber im vergleich zu Tiktok auffiel war, dass diese Views unheimlich schnell kamen. Nach dem ersten Tag gab es nur noch geringe Steigerungen der Aufrufzahlen.

Phase 2 – Posten alle 2 Tage

Die zweite Phase meines „Instagram Reels vs. TikTok“-Experiments auf Instagram sah nahezu identisch aus. Für Video 1 gab es noch 385 Views, für das vierte dieser Phase nur noch 133 am ersten Tag. Aber dann! Dann passierte es, dass Instagram begann, die Reels-Funktion ordentlich zu pushen. Das 10. Video meines Experiments, das letzte der zweiten Phase, bekam plötzlich 1173 Aufrufe am ersten Tag.

Phase 3 – Go wild: 2 x täglich posten

Ab und zu hört man ja mal, dass es besonders viel bringen würde, in sozialen Netzwerken besonders viel zu posten. Ich wollte natürlich wissen, ob das stimmt und kann euch jetzt beruhigen. Obwohl die Aufrufzahlen in der vierten Woche von Instagram Reels vs. TikTok insgesamt recht hoch waren, wurde bis auf eine Ausnahme immer das zuerst veröffentlichte Video wesentlich öfter angeschaut als das zweite am selben Tag veröffentlichte.

Insgesamt ist es natürlich etwas schwierig, diese drei Wochen auszuwerten, da Instagram mir mit der Umstellung auf stärkeres Ausspielen der Reels einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Insgesamt haben die vier Wochen aber gezeigt, dass es sich durchaus lohnt, Reels zur Wissenschaftskommunikation zu nutzen und wenn dann jetzt! Dabei muss man auch gar nicht täglich mehrmals posten, sondern einmal täglich oder alle zwei Tage reicht auch.

Instagram Reels vs. TikTok - Video-Aufrufzahlen auf Instagram
Instagram Reels vs. TikTok – Video-Aufrufzahlen auf Instagram

Auswertung TikTok

Es ist noch nicht lange her, da entlockte mir TikTok nicht mehr als ein müdes Lächeln. Aber die Zeiten ändern sich. Langsam, langsam trauen sich Forschende, das Medium auszuprobieren und es gibt schon einige richtig aktive Accounts wie den von der Medienwissenschaftlerin Judith Ackermann oder von Politikwissenschaftler Robert Lepenies. Höchste Zeit also, einmal selbst zu testen, was das „junge hippe“ soziale Medium so kann.

Phase 1 – täglich posten

Mit TikTok von 0 auf 100 starten, das geht tatsächlich. Mein erstes Video hier wurde noch so gut wie gar nicht angesehen (schlappe 20 Mal an Tag 2). Das zweite schaffte es schon auf 357 Views am zweiten Tag, also nach 48 Stunden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich hier übrigens gerade einmal 9 Follower. Ich erreichte also viel mehr Leute als mir folgten. Und so setze auch ein relativ schnelles Follower-Wachstum ein. Während meines gesamten Instagram Reels vs. TikTok Experiments gesellten sich nur 10 neue Follower zu meinem Instagram-Account. Auf TikTok wurden aus 9 im Laufe dieser Zeit 50 Folgende.

Übrigens gingen die View-Zahlen dann zum Ende dieser Experiment-Phase wieder runter. Das Video mit den geringsten Views aus der Phase der täglichen Veröffentlichung kam nur auf 168 Betrachter nach den ersten 48 Stunden.

Phase 2 – alle zwei Tage posten

In der zweiten Phase meines Experiments also in Woche 2 setzte ein gemütliches, verlässliches Wachstum ein. Jedes Video dieser Phase wurde immer ein bisschen mehr angeschaut als das vorige. Das letzte Video dieser Phase kam mit 392 Aufrufen an Tag zwei sogar schon an die 400 Views heran. Kein Vergleich mit Instagram, das in dieser Zeit ja anfing, seine Reels ordentlich zu pushen und über 1000 Views steigen zu lassen. Aber für die kurze Zeit, die ich das Netzwerk bediente, fand ich das mehr als ordentlich. Auch wenn es jetzt nicht den sofortigen Fame bedeutete.

Phase 3 – Go wild: 2x täglich posten

Mehr! Noch mehr! Noch viel mehr! Von wegen! Ich war, ehrlich gesagt, total überrascht als ich entdeckt habe, dass das auf TikTok nicht nur ebenso wenig funktioniert wie auf Instagram, sondern irgendwie sogar noch weniger. Während auf Instagram in der letzten Woche meines Experiments wenigstens jeweils die zuerst geposteten Videos des Tages gute Aufrufzahlen bekamen, so nahmen die Views auf TikTok hier kontinuierlich ab. Das erste Video dieser Phase bekam noch 410 Aufrufe in den ersten 48 Stunden, das letzte nur noch 85. Ich hätte ja nie gedacht, dass das Ergebnis meines Experiments tatsächlich zu einer eindeutigen Empfehlung führen könnte, was den Veröffentlichungsrhythmus auf TikTok angeht. Aber die Zahlen zeigen ziemlich eindeutig, dass es am meisten bringt, alle 2 Tage ein Video zu veröffentlichen und sich nicht von Stimmen stressen zu lassen, die einem zuflüstern, dass am Ende mehr immer mehr sein wird.

Instagram Reels vs. TikTok – Video-Aufrufzahlen auf TikTok

Finde dein Video-Format und dann: Go for it!

Instagram Reels vs. TikTok war der Versuch, experimentell herauszufinden, welches Video-Format sich für digitale Wissenschaftskommunikation in den Literaturwissenschaften besonders eignet. Diesbezüglich war es leider ein Flop. Denn es gab keinen Sieger. Instagram pusht seine Reels zwar gerade, aber niemand weiß doch genau, wie lange noch. Auf TikTok gehen die Aufrufe schnell hoch, aber nicht unbedingt bis in den Himmel hinein. Bei beiden Netzwerken gibt es natürlich auch noch moralische Bedenken darüber, on man sie durch seine Nutzung unterstützen sollte, auch das muss hier natürlich erwähnt werden. Und eine weitere Frage dröhnt bestimmt bereits in deinem Hinterkopf und die ist „wie um Himmels Willen soll ich es denn überhaupt schaffen, in meine Wissenschaftskommunikation jetzt auch noch Videos einzubauen???“

Instagram Reels vs. TikTok – Formate

Nun, neben den reinen Zahlen habe ich während meines Experiments natürlich noch ein paar andere Dinge entdeckt. Ich habe nämlich in den drei Woche insgesamt 4 Themenformate getestet. Es gab Videos zum Thema Digital Humanities allgemein wie z.B. dieses hier:

https://www.tiktok.com/@digitalhumanities_woman/video/6890455174729501954?lang=de

Ich habe Schriftstellerinnen mit jeweils 3 interessanten Fakten über sie vorgestellt:

Es gab Tipps fürs (geisteswissenschaftliche) Podcasten:

Und dann habe ich noch ultrakurze Fallstudien zur Genderverteilung in Klassikern gezeigt:

In den meisten Videos erkläre ich einfach kurz etwas. Ein paar Videos zeigen kurze Szenen ohne Sprache mit Musik unterlegt und eingefügten Beschriftungen wie hier:

Auf Instagram waren diese nicht-erklären-sondern-zeigen-Videos am beliebtesten. Auf TikTok kamen die Videos am zweitbesten an, in denen Autorinnen vorgestellt wurden. Am besten funktionierten die kurzen Fallstudien zur Genderverteilung in Klassikern – übrigens ein Format, in dem ich dazu aufrufe, weitere Klassiker zur Betrachtung vorzuschlagen, es gibt also für Follower die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen.

Stick to it

Der große Vorteil eines Formats für dich ist, dass du relativ schnell Aufnahme-Routinen entwickelst und so sogar mehrere Videos hintereinander zügig abdrehen kannst. Das gute für deine Zuschauer ist, dass sie genau wissen, was sie bei dir bekommen. Gerade bei TikTok, wo man einen sehr abwechslungsreichen persönlichen Feed angeboten bekommt, wenn man die App öffnet, ist es schön, vertraute Formate zu haben, die dem Ganzen etwas Struktur geben. Du darfst hier also ruhig etwas eintönig sein und zum Ruhepol werden.

Am besten machst du, ähnlich wie ich, am Anfang ein paar Experimente und entscheidest dich dann, wie es weitergehen soll. Wähle dein Netzwerk, entwickle dein Format und wachse dann allmählich vor dich hin. Hab‘ Spaß dabei, denn sonst ist das Ganze natürlich eh Quatsch. Und lass dich gar nicht hetzen, wenn andere Leute mehr veröffentlichen, sondern bleibe in deinem Rhythmus. So wird deine Video-Wissenschaftskommunikation am meisten bringen. Für dich, für deine (zukünftigen) Follower und für die Sichtbarkeit deines Forschungsbereichs.

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