Hier erfährst du, warum ein aktiver Launch deinem Digital Humanities Projekt gut tun könnte. #WissKomm #DigitalHumanities #Boostyourscience
Digital Humanities

If we launch it, they will come, oder: 3 Gründe für einen aktiven Launch von Digital-Humanities-Projekten

„If we build it, they will come“ – das ist schon beinahe ein geflügeltes Wort in den digitalen Geisteswissenschaften. Einer der ersten, der die Phrase nutzte war Steven Ramsey, der eigentlich weniger auf den zweiten Teil abheben wollte, als vielmehr darauf, dass in den Digital Humanities das Bauen von Tools und Services zentral ist ​(Ramsay, 2016)​. Die Phrase ist danach aber relativ häufig aufgegriffen worden. Manches Mal wurde in Frage gestellt, dass Nutzer*innen wirklich kommen, nur weil in den DH etwas „gebaut“ wird (Warwick ​et al.​, 2007; Van Zundert, 2012). In anderen Ansätzen sollte gerade der Gedanke unterstützt werden, dass digitale Tools von sich aus und ohne aktiven Launch eine gewissen Sogwirkung entwickeln und darum besonderes Potential haben, Wissenschaftskommunikation auch für ein breiteres Publikum zu öffnen ​(Factor, 2011; Lohmaier, Söring and Rodriguez, 2011; Dahn, 2018)​.

Wenn man aber mit Leuten spricht, die nicht aus der Digital-Humanities-Bubble kommen, so stellt man nicht selten fest, dass diese Sogwirkung bisher eher selten nach draußen dringt. Der innerhalb der relativ stark wachsenden Community empfundene Hype um das eigene Feld steht im krassen Gegensatz dazu, dass viele Leute nach wie vor gar nicht wissen, dass es so etwas wie digitale Geisteswissenschaften gibt ​(Fenton, 2017)​. Für mich definitiv ein Grund für mehr Dissemination in unserem Feld. Projekte, Tools, Webseiten und Services aktiv zu launchen, ist eine Möglichkeit, mehr Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit zu erlangen. Darum möchte ich heute mit euch über den Launch sprechen.

Was ist ein Launch?

Unter einem Launch versteht man die Einführung eines neuen Produktes auf dem Markt ​(‘Duden  Launch  Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft’, no date)​. Es handelt sich um einen Anglizismus und dann auch noch um einen, der meist in der Werbesprache genutzt wird. Waaahh! Markt, Anglizismus, Werbesprache – drei Dinge, vor denen Geisteswissenschaftler*innen sich potentiell stark gruseln könnten.

Der „silent Launch“

Aber es gibt eine Lösung, den silent oder soft Launch ​(‘Was ist ein Soft-Launch?’, no date)​. Darunter versteht man die heimliche Einführung von etwas. Die Hoffnung ist, dass erst einmal nur wenige Leute sehen, was man erarbeitet hat. Das kann in Testphasen sehr nützlich sein. Bei neuen Projekten, Webseiten, Services oder Ähnlichem fällt es mir schwer, Argumente für einen silent und gegen einen Launch mit Schmackes zu finden. Denn warum sollten nicht von Anfang an 100 Leute einen Podcast hören, einen Blog lesen, über ein Projekt Bescheid wissen, sondern vielleicht eher so 10?

Aktiv gestalteter Launch

Ein aktiv gestalteter Launch ist meistens mehr als ein ein- bis zweiwöchiges Twitter-Gewitter. Ein aktiver Launch ist oft von langer Hand geplant. Denn ein Launch funktioniert am besten, wenn du ein paar Vorbereitungen getroffen hast. Offensichtlich ist, dass du etwas Inhaltliches vorbereiten musst. Am besten auch gleich mehr als nur einen Blogartikel oder die erste Podcast-Folge. Denn wenn du schon über die erste Launch-Phase hinaus geplant hast, kannst du dich währenddessen voll aufs Launchen konzentrieren. Wichtig ist auch, dass du schon auf eine Community zurückgreifen kannst, die sich für dein Projekt interessieren könnte. Jetzt zahlt es sich also aus, wenn du schon seit einiger Zeit auf einem sozialen Netzwerk aktiv bist. Nutze am besten das Medium für deinen Launch, mit dem du am meisten potentielle Interessenten erreichst.

Ein Beispiel

Am 20. Juli 2020, also vor nicht allzu langer Zeit, habe ich mit drei Kolleg*innen, nämlich Lisa Kolodzie, Jonathan Geiger und Patrick Toschka, den neuen Digital-Humanities-Podcast RaDiHum20 gelauncht. Wir haben den Launch hauptsächlich auf Twitter durchgeführt und dafür unsere bestehenden Communities genutzt. Mit vier Leuten kamen wir immerhin auf etwas über 2000 Follower, keine allzu große Zahl, aber schon etwas, worauf man aufbauen kann. Wir haben für den Podcast einen eigenen Twitter-Account aufgesetzt und für die erste Folge einen 5-Tage-Countdown mit täglichen Tweets geplant. Der Podcast selbst ist mit einer eigenen Webseite verbunden, kann aber auch unabhängig davon erreicht werden. Wir hatten also für die 5 Tage unserer Kern-Launchzeit drei Angebote, die wir bekannt machen wollten – Podcast, Webseite und Twitter-Account.

Wichtig war uns außerdem, dass wir von Anfang an eine Feedback-Kultur mit der Community einrichten wollten. Das bedeutete aber auch, dass wir neben der Kernzeit des Launchs, also 4 Tagen vor dem eigentlichen Launch und am Launch-Tag selbst, auch im Nachhinein noch aktiv bleiben wollten. Also insgesamt waren wir für den Launch etwa zwei Wochen sehr aktiv und präsent. Was hat uns das gebracht?

100 Aufrufe am Launch-Tag der ersten Folge von RaDiHum20 - dem Radio für Digital Humanities, gemessen mit Podcaster.de-Statistiken
100 Downloads am Launch-Tag der ersten RaDiHum20-Folge, gemessen mit Podcaster.de-Statistiken

So, jetzt kommt ein kleines Zahlenfeuerwerk. 24 Stunden nach dem ersten Tweet unseres Countdowns hatten wir bereits 100 Follower auf Twitter. Nach dem Countdown etwa 200, die überwiegend aus unseren Communities kamen. Also konnten wir rund 10% unserer Community für das neue Angebot begeistern. Am Launchtag selbst hatten wir dann knapp über 100 Downloads der ersten Folge. Hier sind also wahrscheinlich etwa 50% der Twitter-Follower des neuen Kanals aktiv geworden und haben den Podcast tatsächlich angehört. Aber es ging noch weiter. Wir haben in den Tagen nach dem Launch allerhand Feedback erhalten und konnten quasi sofort mit den Hörer*innen in Kontakt treten, was schlicht und einfach sehr schön war.

Aktiver Launch für mehr Sichtbarkeit, mehr Outreach und mehr Spaß! #WissKomm #DigitalHumanities #Boostyourscience

Drei Gründe für einen aktiven Launch deines Projektes

Vielleicht überzeugt dich diese kleine Erfolgsgeschichte schon, auch mal einen aktiven Launch zu probieren. Wenn nicht, fasse ich dir nochmal kurz die drei Hauptargumente dafür zusammen.

Grund 1: Starte von 0 auf 100

Mit RaDiHum20 konnten wir buchstäblich von 0 auf 100 starten. Aber auch wenn die Zahlen vielleicht auch mal etwas niedriger bleiben, ist ein Hauptargument für einen aktiven Launch einfach, dass du mehr Aufmerksamkeit für dein Projekt bekommen kannst. Wenn es statt 10 z.B. 30 Leser*innen sind, die deinen neuen Blog an Tag 1 besuchen, hast du schon gewonnen. Wenn durch deine Launch-Aktivität auch nur eine Person auf dich zukommt und den direkten Kontakt sucht, hast du ebenfalls viel gewonnen. Im Prinzip kann man es also auch anders herum ausdrücken: Du kannst gar nicht verlieren!

Grund 2: Zeig, was Digital Humanities können

Da du für einen aktiven Launch ja eine Plattform brauchst, auf der du die Aufmerksamkeit für dein neues Projekt generierst, hast du meistens den positiven Nebeneffekt, dass sich auf der Plattform deiner Wahl auch Leute tummeln, die nicht direkt in der Digital-Humanities-Bubble zu Hause sind. Du hast also einen gewissen Outreach-Faktor, selbst wenn dieser klein sein sollte. Stellen wir uns nun vor, wir alle in der Community nutzen unseren kleinen Outreach und launchen all unsere DH-Projekte aktiv. Dann wird natürlich der Gesamt-Outreach gleich viel größer. Und mal ganz offen gesprochen: Digital Humanities ist längst noch nicht jedem ein Begriff. Da können wir noch einiges bewegen!

Grund 3: Genieße die Früchte deiner Arbeit

Launchen ist schon ein wenig aufwändig und manchmal bekommt man während dessen auch Angst vor der eigenen Courage. Plötzlich stellt man das eigene Projekt in Frage, weiß nicht, ob man schon so weit ist, damit an eine etwas breitere Öffentlichkeit zu gehen. Aber es macht auch einfach Spaß zu sehen, wie ein Launch funktioniert. Die Dynamik, die sich in dem Hype entwickeln kann, den man durchs Launchen auslöst, kann einen ganz schön mitreißen. Und wenn dann auch noch positives Feedback kommt, ist das natürlich doppelt schön. Nachdem man intensiv an seinem Projekt gearbeitet hat, ist der Spaß, den ein aktiver Launch mit sich bringt, einfach etwas, das man sich redlich verdient hat und auf das man nicht verzichten sollte.

Mehr aktive Launchs, mehr Nutzer*innen, mehr Sichtbarkeit für die Digital Humanities

Ich glaube, meine Botschaft in diesem Post könnte kaum klarer sein: Wir alle sollten unsere Projekte, Webseiten, Podcasts, Tools, Ressourcen oder was wir alles so erstellen (denn in den DH erschaffen wir ja schon Vieles), aktiver launchen. Dinge für das eigene Projekt zu ertüfteln, ist zwar schön, aber wenn noch mehr Leute sie nutzen könnten, ist das gleich viel schöner. Es ist im übrigen häufig auch nachhaltiger, da dann gleich mehr als nur ein Mensch an der Erhaltung interessiert ist, aber das ist vielleicht ein anderes Thema. Und irgendwann, wer weiß, sind wir dann vielleicht tatsächlich an einem Punkt, an dem wir so viel Outreach haben, dass man im Small-Talk-Gespräch, z.B. in einer gemütlichen Runde bei Freunden, auf jemanden trifft, den man noch nicht kennt und der auf den Satz „ich bin im Bereich Digital Humanities unterwegs“ erwidert: „oh, interessant, davon habe ich schon viel gehört.“

Bibliographie

  1. Dahn, T. (2018) ‘If You Build it, They Will Come (And Maybe They Will Read It Too)’, Fugitive Leaves. Available at: https://histmed.collegeofphysicians.org/if-you-build-it-they-will-come-and-maybe-they-will-read-it-too/.
  2. ‘Duden  Launch  Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft’ (no date) DUDEN. Available at: https://www.duden.de/rechtschreibung/Launch.
  3. Factor, R. (2011) ‘» If you build it, they will come Introduction to Digital Humanities’, Introduction to Digital Humanities. Available at: https://www.briancroxall.net/dh/2011/09/07/if-you-build-it-they-will-come/.
  4. Fenton, W. (2017) Digital Humanities: The most exciting field you never heard of, PCMag. Available at: https://uk.pcmag.com/education/87256/digital-humanities-the-most-exciting-field-youve-never-heard-of (Accessed: 1 August 2020).
  5. Lohmaier, F., Söring, S. and Rodriguez, K. J. (2011) ‘“If You Build It, They Will Come”’, EHRI. Available at: https://ehri-project.eu/content/if-you-build-it-they-will-come.
  6. Ramsay, S. (2016) ‘Who’s In and Who’s Out’, Defining Digital Humanities. doi: 10.4324/9781315576251-20.
  7. Van Zundert, J. (2012) ‘If You Build It, Will We Come? Large Scale Digital Infrastructures as a Dead End for Digital Humanities’, Historical Social Research / Historische Sozialforschung, pp. 165–186. doi: 10.2307/41636603.
  8. Warwick, C. et al. (2007) ‘If You Build It Will They Come? The LAIRAH Study: Quantifying the Use of Online Resources in the Arts and Humanities through Statistical Analysis of User Log Data’, Literary and Linguistic Computing, pp. 85–102. doi: 10.1093/llc/fqm045.
  9. ‘Was ist ein Soft-Launch?’ (no date) Kulturbanause. Available at: https://kulturbanause.de/faq/soft-launch/.
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