Schreibprogramm für Autoren 2 – Scrivener
Durch einen Kommentar zu meinem ersten Post über diesem Thema bin ich auf die Idee gekommen, verschiedene Schreibprogramme zu testen. Nachdem »Papyrus Autor« mich ziemlich begeistern konnte, habe ich also auf Rat von Fräulein Jach als nächstes »Scrivener« getestet.
Preisgekrönt und gar nicht teuer
Zunächst einmal ist Scrivener deutlich erschwinglicher als Papyrus Autor. Trotzdem stellt das preisgekrönte Texterstellungs-Tool schier unglaublich viele Funktionen bereit. Die wohl auffälligste Besonderheit ist, dass Scrivener ein Dateiordnerprinzip verwendet. Jedes Kapitel kann auf diese Weise als Dokument einem Abschnittsordner zusortiert werden. Neben dem Hauptordner gibt es noch einen Weiteren für Recherchen, Bilder, usw. Am Ende muss ein fertiges Ordnerdokument dann in ein Textdokument überführt werden. Dies hat den Vorteil, dass Layoutfragen einen erst ganz am Ende beschäftigen müssen. Nachteil ist, dass der eigene Text nicht von Beginn wie ein organisch anwachsendes Ganzes aussieht. Allerdings kann man so parallel an verschiedenen Abschnitten arbeiten. Dieses Ordnersystem ist darüber hinaus sehr kompatibel für verschiedenste Textsorten, für die Scrivener auch jeweils ein Beispielprojekt zur Verfügung stellt.
Zahlreiche Sortierungsmöglichkeiten
Wie einer analogen Arbeitsmappe kann jedem Ordner eine Notiz angehängt werden, die dessen Inhalt beschreibt. Darüber hinaus können einzelne Wörter im Text verschlagwortet und in Kategorien gefasst werden. Auf diese Weise kann man z.B. alle Auftritte einer Figur markieren oder alle Figuren nach Geschlechtern sortieren. Am Ende können dann sowohl einzelne Charaktere aufgerufen werden als auch Passagen aller männlichen oder weiblichen (oder jugendlichen, oder, oder, oder) Figuren betrachtet und auf Stimmigkeit geprüft werden. Natürlich stellt Scrivener auch die Funktion bereit, Notizen den jeweiligen Abschnitten zuzuordnen. Insgesamt können Projekte von Beginn an nach verschiedenen Prinzipien geordnet und später auf unterschiedlichste Weise (re-)organisiert werden.
Geteilter Bildschirm und »me and my text«
Zwei der wohl beeindruckendsten Funktionen dieses Schreibprogramms sind die Möglichkeit der parallelen Bearbeitung zweier Abschnitte und die »Me and my text«-Einstellung. Mit Hilfe eines geteilten Bildschirms kann sich der Schreiber in Scrivener – wie auf einem richtigen Schreibtisch – Zettel nebeneinanderlegen. So können z.B. rechts Notizen aufgerufen sein, während links die Erzählhandlung voran getrieben wird. Will man auf einen früheren Abschnitt zurückgreifen, so kann man ihn sich auf diese Weise vor Augen holen und trotzdem am derzeitigen Handlungsverlauf arbeiten. Da es aber auch Phasen gibt, in denen jede Möglichkeit zur Ablenkung ausgeschlossen sein sollte, kann man auch alle Rahmenfunktionen ausblenden und im Vollbildmodus mit seinem Text ins Zwiegespräch gehen. So bietet Scrivener für jeden Schreibabschnitt passende Funktionen.
Gegenprobe Scrivener vs. Papyrus Autor
Neben den hier vorgestellten Besonderheiten stellt Scrivener noch eine Reihe weiterer Funktionen wie das Eingeben eines Tages- und Gesamtziels, eine Dokumentstatistik, u.ä. bereit. Dies sind allerdings Möglichkeiten, die Papyrus Autor ebenso bietet. Der große Nachteil an Scrivener gegenüber Papyrus ist in meinen Augen die Tatsache, dass es sich um ein rein englisches Programm handelt. Während Papyrus eine ganz ausgezeichnete, vielfältige Rechtschreibprüfung beinhaltet, lässt Scrivener uns mit der wichtigen Aufgabe des Fehlerlesens allein. Am Ende ist es eine Typfrage. Wer sehr sicher in Rechtschreibungs- und Stilfragen ist, aber leicht den Überblick verliert und ein hervorragendes Ordnungssystem braucht, sollte sich für Scrivener entscheiden. Wer aber in Sachen Orthografie auf Nummer sicher gehen möchte, findet meines Erachtens kaum ein besseres Programm in deutsche Sprache als Papyrus Autor.
Zum nochmal Nachlesen hier die Papyrus-Besprechung
7 Kommentare
Sascha Mrowka
Ich benutze beide Programme (Scrivener und Papyrus Autor), sie ergänzen sich wunderbar.
In Scrivener kann man wunderbar seine Geschichte zusammen "bauen", um dann mit Papyrus Autor Rechtschreibfehler auszumerzen oder aber auch die Stilanalyse über seinen Text laufen zu lassen. Dank der vielfältigen Formate beider Programme funktioniert der Datenaustausch sehr einfach.
Noch eine Anmerkung zum letzten Satz: Es müsste korrekt lauten "Zum nochmal nachlesen hier die Papyrus-Besprechung". 😉
Mareike Höckendorff
😉 Danke für den Hinweis, das ist das Einzige, was Papyrus noch nicht kann – die Schusseligkeit des Anwenders ausgleichen… hab das mal gleich von Scrivener auf Papyrus geändert.
Deine Idee mit der ergänzenden Nutzung finde ich auch sehr gut. Ich wechsle auch oft zwischen Programmen und mit diesen beiden ist man wirklich besonders gut ausgestattet.
Literaturfee
Hallo Mareike,
das Programm ist toll, aber manchmal greife ich auf
Darkroom zurück, weil die "Leere" inspirierend wirken kann.
Viele Grüße,
Literatur-begeisterte-Fee
PS: Vielleicht magst du mal bei mir vorbeischauen?
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http://literatur-begeisterte-fee.blogspot.de/
Mareike Höckendorff
Hallo liebe Fee,
dann weiß ich schon, welches Programm ich noch austesten muss 😉 schaue gerne mal bei dir vorbei.
Bis gleich,
Mareike
Anonym
Ich habe Scrivener letztlich doch beiseitegelegt und schreibe/strukturiere mit dem kleinen Freeware-Programm "Keynote NF", dem nur zwei "winziges" Details zum völligen Glück fehlen: Gute Einbindung größerer Grafiken (geht aber als extern verlinkte Datei) und vor allem die Rechtschreibprüfung während der Eingabe. Ansonsten wäre Keynote NF mein absoluter Favorit, zumal man das Programm nicht installieren muss und bei Bedarf auch direkt vom USB-Stik starten kann. Und noch etwas: Es kann neben MS Windows auch unter Linux Wine verwendet werden.
Die Rechtschreibung muss ich also zum Schluss in Papyrus prüfen.
Superbug
Ich schreibe meine Texte meist mit iA_Writer (-> ist bei mir auf Mobile, Notebook und PC installiert). Ab einer bestimmte Größe sammle und strukturiere ich die Texte mit allen wichtigen Recherchematerialien in Scrivener. Ganz am Ende kommt wegen der guten Korrekturmöglichkeiten immer Papyrus zum Einsatz und danach in seltenen Fällen, wenns wirklich fehlerfrei sein muss, noch ein Lektor.
Mareike K Schumacher
Vielen Dank für den Erfahrungsbericht! Das scheint ein recht komplexes System zu sein 🙂
Herzliche Grüße,
Mareike